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Mai: Klimapolitik mit der Brechstange

Die ehrgeizigen Vorhaben der Europäischen Union, die Treibhausgasemissionen ihrer Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken und bis zum Jahr 2050 auf netto Null zu reduzieren, sind unrealistisch. Dieser Plan aus Brüssel lässt in naher Zukunft auf den heimischen Gebäudebestand gewaltige Verpflichtungen zukommen. Anstelle auf Machbarkeit und Anreiz zu setzen, soll Klimaschutz mit der Brechstange verordnet werden.

Schauplatz 1: Emissionshandelssystem auch für Gebäude

Das EU-Parlament hat im April eine Reform des Emissionshandelssystems beschlossen, um Emissionen innerhalb der Europäischen Union deutlich zu verringern. Gegenstand der Reform: Neben einigen sonstigen Änderungen im Emissionshandel sollen ab 2027 erstmals auch Gebäude und Verkehr einbezogen werden. Wer mit Öl und Gas heizt, wird künftig noch tiefer in die Tasche greifen müssen. Bevor das neue Gesetz in Kraft treten kann, müssen Parlament und Rat die Vereinbarung noch förmlich verabschieden.

Schauplatz 2: Sanierungszwang im Gebäudebestand

Im März 2023 wurde vom Europäischen Parlament der Entwurf zur Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie angenommen, die Immobilienbesitzer empfindlich zur Kasse bitten wird. Damit im Jahr 2050 alle Gebäude in den EU-Mitgliedsstaaten klimaneutral sind, muss der Energieverbrauch drastisch gesenkt werden. Die bevorstehende Reform der Gebäuderichtlinie bedeutet für viele Eigentümer von Bestandsgebäuden eine Verpflichtung zur energetischen Sanierung: Bereits 2030 müssen Gebäude mit der niedrigsten Energieeffizienzklasse G die Klasse E und nur drei Jahre später die Klasse D erreichen. Das Gesetzesvorhaben befindet sich in den so genannten Trilog-Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission, bevor es offiziell in Kraft treten kann.

Schauplatz 3: Raus aus Öl und Gas

Noch kürzer geplante Fristen gibt es in Österreich:

Bereits im vergangenen Jahr passierte der Entwurf für ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz den Ministerrat, der einen straffen Zeitplan für den Umstieg auf erneuerbare Energieträger beinhaltet: Bereits mit 1.1.2023 hätte der Einbau von fossilen Anlagen zur Wärmeaufbereitung in Neubauten unzulässig sein sollen. Zentrale Heizungsanlagen in bestehenden Gebäuden, die saniert, verbessert oder erneuert werden, hätten mit Anfang dieses Jahres auf Heizungen umgestellt werden sollen, die ausschließlich mit erneuerbaren Energieträgern oder Fernwärme betrieben werden. Geplant ist weiters, dass Öl- oder Kohleheizungen, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, ab dem Jahr 2025 stillgelegt werden müssen, auch wenn sie völlig funktionsfähig sind. Der endgültige Ausstieg aus Öl, Kohle und fossilem Flüssiggas ist 2035 vorgesehen. Das endgültige Aus für Erdgas ist 2040 normiert.
Die Regierungsvorlage wurde im November 2022 dem Parlament übermittelt und dem zuständigen Ausschuss zur weiteren Behandlung übermittelt.

Stolpersteine

Von dem gegenständlichen Gesetzesvorhaben ist eine Vielzahl an Menschen betroffen: Die geplanten Maßnahmen treffen nicht nur Vermieter, es sind auch mehr als 50 Prozent der Österreicher, die im Eigentum leben, betroffen. Der Wechsel des Heizsystems, ein Fenstertausch oder eine Dämmung des Dachs sind in der Regel mit einem beträchtlichen Kosten- und technischen Aufwand verbunden.

Fernwärme ist nicht überall vorhanden und kann nicht in der notwendigen Geschwindigkeit ausgebaut werden. Eine Beheizung mittels Pellets scheitert – insbesondere im städtischen Bereich – an den Möglichkeiten einer sachgerechten Bringung und Lagerung, aber auch an etwaigen Grenzwerten für die Belastung aus der Luft (zB Feinstaub). Auch der Einsatz von Wärmepumpen ist vielerorts nicht möglich: Es können nicht beliebig viele Wärmepumpen nebeneinander installiert werden. Im städtischen Bereich sind Luftwärmepumpen bei Wohnungen wegen Größe und Lärmemissionen oftmals nicht geeignet. Eine effektive thermische Sanierung eines Gründerzeithauses ist aufgrund gegliederter Fassaden kaum zu bewerkstelligen. Der Einbau einer Wärmepumpe in so manchem Althaus erfordert eine Kernsanierung, die aufgrund von Kosten und technischem Aufwand in keinerlei Relation zum Wert des Gebäudes stehen mag. Ebenso sind Investitionen in ein Gasbrennwertgerät als Bestandteil einer hybriden Heizung nur dann sinnvoll, wenn langfristig eine Versorgung mit Gas aus erneuerbarer Energie zu erwarten ist. Das steht aber derzeit nicht fest.
An innovativen Lösungen oder Verbesserungen wird zwar laufend gearbeitet, doch sind diese technologischen Entwicklungen keineswegs abgeschlossen. Wer jedoch einmal auf eine Wärmepumpe umgerüstet und viel Geld dafür bezahlt hat, wird nicht wenige Jahre später noch einmal investieren können und wollen, um sich sodann an ein zu errichtendes Nahwärmenetz anschließen.

Völlig unberücksichtigt bleiben auch die fehlenden Marktkapazitäten, die der Einhaltung der vorgegebenen Fristen im Weg stehen.

Resümee

Noch ist keines der erwähnten Vorhaben rechtswirksam beschlossen worden. Was in der Theorie als klare Vorgabe deklariert ist, lässt sich aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse in so knappen Zeiträumen nicht bewältigen. Unsere Bedenken haben wir in mehreren Stellungnahmen ausführlich zu Papier und an die maßgebenden Institutionen zur Kenntnis gebracht. Aber auch auf europäischer Ebene setzt sich unsere Partnerorganisation UIPI im Interesse der privaten Immobilieneigentümer ein. Im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit lenken wir das Augenmerk auf die mangelnde Umsetzbarkeit und die damit einhergehenden Stolpersteine. In unzähligen Gesprächen, bei allen denkbar möglichen Gelegenheiten, im Zuge von Vorträgen, Aussendungen und Interviews weisen wir darauf hin, dass bindende Vorgaben, die nicht praxisgerecht umgesetzt werden können, die Akzeptanz bremsen und zu Widerstand führen. Wir machen klar, dass ein an sich gut gemeintes Ziel durch diese Vorgehensweise nicht den gewünschten Erfolg bringen kann.

Daher fordern wir kurz zusammengefasst realistische Fristen, Freiwilligkeit gesteuert durch Anreize anstelle von Zwang, Fairness, Finanzierbarkeit und ein deutlich höheres Maß an Flexibilität.

Österr. Haus- & Grundbesitzerbund, Landesgerichtsstraße 6, A-1010 Wien, Tel. +43 (0)1 505 74 00, Email: office@oehgb.at
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